Der elfte Tag beginnt erneut mit einem Frühstück im Basel Mission House. Es gibt Toast, Obst und „Tom Brown“ (gerösteter und zu Frühstücksbrei verarbeiteter Mais). Heute steht der Besuch einiger Dörfer des von uns mitgetragenen Solarlampenprojekts an, welches später noch ausführlich beleuchtet wird. Gemeinsam mit Elvis und Fred, beides engagierte Ehrenamtliche in zwei Dorfentwicklungsprojekten, wollen wir die Dörfer Nyinahin und Kyekyewere besuchen. Die geplante Abfahrt um 9:00 Uhr konnte aufgrund eines fehlenden Autoschlüssels für den Jeep nicht eingehalten werden. Stattdessen ging es mit Verzögerung und dafür ohne Jeep um 9:40 Uhr los. Bettina hatte die Ehre in dem im Auto der ghanaischen Partner mitzufahren, mit im Auto sind Clerk Samuel (verantwortlich für die Partnerschaft), Dr. Darko (Professor der TU Kumasi, ehem. Verantwortlicher des Solarprojektes und 2022 Teil der ghanaischen Delegation nach Deutschland) und Philipp (Technikbeauftragter der PCG). (Bilder von Clerk + Dr. Darko?) Kurz nach Antritt der Fahrt nach Atwima Mponua [Karte: 1], am Rande des Nyinahin Districts, kommen wir direkt in unmittelbarer Nähe unserer Unterkunft [Karte: BMH] in einen Verkehrsstau. Einige Polizeiautos blockieren eine Einfahrt, da ein hochrangiger Politiker zu einem Termin muss und anscheinend spät dran ist. Man erklärt uns, dass die aktuelle Regierung die Polizeieskorten wieder eingeführt hatte, diese wurden durch die vergangenen Regierungen eigentlich abgesetzt, um nicht zu viel Verkehrschaos zu verursachen. Die Folge dessen können wir unmittelbar spüren… Auf der Fahrt passieren wir einige interessante Fabriken am Straßenrand, illegale Minen für Gold und Aluminium [Karte: 2]. Ghana ist eines der Länder mit den meisten Goldvorkommen. Korrupte Chiefs verpachten ihr Land an illegale Goldgräber oder sie Graben einfach in dem großen unübersichtlichen Dschungel, solange bis sie jemand bemerkt. Durch ihre Minen verunstalten die Goldgräber nicht nur die Landschaft, sondern vergiften auch Gewässer mit Chemikalien, die zur Goldgewinnung benötigt werden. Zudem kommen viele der in der Nähe einer neuen Mine wohnende Kinder nicht mehr in die Schule, da sie die Zeit lieber dafür nutzen Gewässer nach Gold abzusuchen, in denen noch kleinste Reste aus den Minen vorhanden sind. Kurzfristig können sie tatsächlich viel Geld damit verdienen – langfristig fehlt ihnen so aber natürlich Bildung und Perspektive. Der aktuelle König setzt korrupte Chiefs manchmal ab, Kritiker behaupten jedoch, es geschieht noch zu wenig. Auch die Regierung tut Kritikern zufolge zu wenig, um den Goldraub zu unterdrücken. Laut einem Bericht von Swissaid erlitt Ghana in den letzten fünf Jahren dadurch einen Verlust von ca. 11,4 Mrd. Dollar. (Quelle: https://www.mining-technology.com/news/ghana-lost-11bn-gold-smuggling/) Nach einem kurzen Empfang beim District Minister Robert Oppong [Karte: 1], geht es nun über sehr schlechte Straßen zum Dorf Nyinahin.
Auf dem Weg fällt uns auf, dass am „Straßen“rand viele Masten für eine Stromleitung installiert sind – leider an vielen Stellen jedoch zusammengefallen oder ohne Stromleitung – die Regierung hatte versprochen die ruralen Dörfer an die nationale Stromversorgung anzuschließen – daraus ist bisher nie etwas geworden. Um 12:40 kommen wir endlich im Dorf an [Karte: 3]. Mit großen Augen schauen die Schülerinnen und Schüler der örtlichen Primary School neugierig über die Mauer des Klassenzimmers. Der Katechist Stephen Mfodwo und seine Frau haben uns vor der Kirche empfangen. Viel war heute im Dorf nicht los, dienstags ist Markttag, sodass viele der über 1000 Einwohnerinnen und Einwohner heute nicht im Dorf sind. Mit ca. 25 Menschen versammeln wir uns in der Kirche, in der wir als Ehrengäste wieder hinter dem Altar platziert werden. Die Kirche ist, neben ein, zwei weiteren Häusern etwas weiter weg, das einzige mit Stromversorgung durch Solar. (Anmerkung der Redaktion: durch vier Standardmodule mit je 1000 Watt Leistung und einem 3,8 kW Inverter werden die Beleuchtung, einige Ventilatoren sowie Keyboard mit Verstärker in der Kirche mit Strom versorgt.) Während der kleinen Andacht stellen sich einige der Dorfbewohner vor und erklären, wozu sie die Solarlampe verwenden: zum Kochen, zum Lernen, aber auch einfach, um sich draußen frei zu bewegen. In Ghana geht durch die Nähe zum Äquator die Sonne ganzjährlich gegen 18:00 Uhr unter und gegen 6:00 Uhr wieder auf. Das heißt, die Menschen sind in der Zwischenzeit auf künstliches Licht angewiesen. Auch erzählen die Einwohnerinnen und Einwohner von Problemen mit den Lampen: viele der Akkus sind mittlerweile erschöpft und müssen ausgetauscht werden. Auch ist der Einschaltmechanismus bei einigen Lampen träge und funktioniert nicht richtig, was nach mehreren Jahren täglicher Benutzung jedoch verständlich ist. Da die Menschen im Dorf nur sehr wenig Englisch sprechen, hat Clerk Samuel für uns übersetzt.
Nach der kurzen Vorstellung werden mitgebrachte Solarlampen an die Bürgerinnen und Bürger verkauft. Das Solarlampenprojekt funktioniert nämlich etwas komplexer, als man zunächst annehmen könnte: durch Kollekten und Spenden aus Deutschland werden über die Agentur VillageBoom Solarlampen angeschafft, welche dann durch die Firma selbst nach Ghana geliefert werden. An dieser Stelle hört theoretisch schon die Zuständigkeit des Dekanates auf, denn nach der Übergabe der geschenkten Lampen ist die PCG für die Vergabe zuständig. Menschen, die sich ein, zwei oder auch drei Solarlampen anschaffen möchten, können diese für 300 GHS (ca. 18 €) bei der PCG käuflich erwerben. Von diesen Einnahmen kauft die PCG bei VillageBoom erneut Lampen ein. Da diese in Produktion und Lieferung jedoch mehr kosten, ist das System auf Spenden und Unterstützung angewiesen, um stetig mehr Lampen anzuschaffen. Neben dem Dekanat an der Lahn gibt es noch weitere Unterstützer des Solarlampenprojektes, gemeinsam wurden im letzen Jahr etwas mehr als 100 Lampen angeschafft. Der Verkauf der Lampen hat den Hintergrund, dass die Lampe durch den Betrag von 300 GHS einen hohen persönlichen Wert für die Menschen erhält und somit sorgsam behandelt wird. Es ist möglich, dass der geforderte Betrag innerhalb von drei Monaten zurückgezahlt wird. Erfahrungen haben gezeigt, dass kostenlos verteilte Produkte oft weniger wertgeschätzt und entsprechend nachlässig behandelt werden. In der lokalen Mentalität wird etwas, wofür man selbst bezahlt hat, stärker geachtet. Und gerade weil die Lampen einen hohen Wert und Stellenwert haben, ist die Nachfrage nach Reparaturen entsprechend groß. Fred, der das Solarlampenprojekt ehrenamtlich begleitet, hat schon vorgesorgt und eine Kiste mit Ersatzteilen dabei. Kurzerhand bildete sich eine Traube von Menschen um ihn herum, die alle ihre defekten Lampen dabeihaben, um sie bei ihm reparieren zu lassen. Elvis und Benjamin haben ihm dabei geholfen.
Da die Reparatur mehr Zeit, als erwartet in Anspruch genommen hatte und wir ohnehin schon zu spät losgefahren sind, haben wir leider keine Zeit mehr, um zum zweiten Dorf zu fahren. Stattdessen geht es zum Lunch zurück in die Gemeinde von District Minister Robert. Es gibt Fufu mit Fleischsuppe – ein traditionelles Gericht, das jedoch nicht für jeden etwas ist. Nach dem Essen ging es zügig zurück, denn alle waren müde und erschöpft von der holprigen Fahrt. Einige hatte sich im Vorfeld erst auf einen freien Nachmittag gefreut, doch mit der Ankunft um 18:30 Uhr am Basel Mission House wurde daraus nichts. Noch fast satt vom Lunch war der Tag nach dem Abendessen um 20:00 Uhr schon wieder vorbei. Am Abend trafen sich noch einige der Gruppe mit unseren ghanaischen Freunden in der Stammbar „SayYes!“.